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Zwischen Hitze und Hoffnung im Südsudan

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GASTBEITRAG:

Gesundheits- und Krankenpfleger werden auch bei humanitären Nothilfe-Einsätzen in Krisengebieten gebraucht. In ihrem zweiten Gastbeitrag berichtet Raina Klüppelberg, Gesundheits- und Krankenpflegerin beim Kardiologischen Funktionsdienst der Asklepios Klinik Altona, von ihrem Einsatz mit „Ärzte ohne Grenzen“ im Südsudan.

Mein erster Einsatz mit „Ärzte ohne Grenzen“ war sehr aufregend. Im Südsudan waren im Dezember 2013 Auseinandersetzungen zwischen der Armee und bewaffneten Rebellen ausgebrochen. Dahinter steht ein Konflikt der beiden südsudanesischen Ethnien Dinka und Nuer. Die Kämpfe schlugen Hunderttausende Menschen in die Flucht, mehr als 10.000 Menschen wurden getötet.

In dem Dorf Minkamman, eine kleine Siedlung mit nur wenigen Tukuls (Lehmhütten) nördlich der Landeshauptstadt Juba, strandeten damals rund 100.000 Flüchtlinge. „Ärzte ohne Grenzen“ wurde aktiv und stemmte ein Projekt aus dem Boden, um die Menschen mit Trinkwasser und Sanitäranlagen zu versorgen. Ein kleines Hospital wurde aufgebaut, um die medizinische Versorgung sicherzustellen.

Verletzt und verhungert

Das Hospital bestand aus fünf Zelten für bis zu 70 Patienten. Ich war im Februar 2014 eine der ersten vor Ort. Meine Aufgabe war es, das südsudanesische Krankenhauspersonal zu schulen und die Koordination für Mitarbeiter und Patienten zu übernehmen. Eine Mammutaufgabe, die ich mit Hilfe zweier ärztlicher Kollegen aus Australien zu bewältigen versuchte. Die etwa 27 nationalen Krankenpfleger, allesamt Männer, hatten eine kleine Grundausbildung. Allerdings bestanden große Wissenslücken bei Themen wie der Malariaprophylaxe, der Hygiene und dem Messen von Vitalzeichen. Drohenden Hepatitis E-und Cholera-Epidemien musste vorgebeugt werden. Und es war eine große Herausforderung, die vielen Kriegsverletzen, Malaria-Kranken und mangelernährten Kinder zu versorgen.

Meine Hauptaufgabe war die Schulung und Koordination. Ich lehrte Pflegestandards und schrieb Dienstpläne. Durch den Andrang täglich neuer Patienten half ich oft selbst gemeinsam mit den nationalen Krankenpflegern, Wunden zu versorgen.

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Nichts hätte mich auf solch eine Aufgabe vorbereiten können. Jeden Tag aufs Neue blieb nur, mich diesen Herausforderungen zu stellen – und schließlich an ihnen zu wachsen. Die Not und Verzweiflung der Menschen – und ihre Dankbarkeit für unsere Hilfe haben mich immer wieder angetrieben und motiviert.

Durchfall und Hitzewallungen

Das große Team von „Ärzte ohne Grenzen“ vor Ort gab mir Halt. Wir waren etwa 40 internationale Hilfskräfte, die an verschiedenen Projekten in dem Flüchtlingslager arbeiteten. Allen erging es ähnlich: Es mangelte an Privatsphäre, wir schliefen in Gemeinschaftszelten. Die hygienischen Bedingungen waren kräftezehrend. Es gab kein fließendes Wasser. Geduscht haben wir mit Nilwasser, das gefiltert aus einer Wasserblase in einen Eimer gefüllt und dann über dem Kopf entleert wurde. Unsere Latrinen waren durch die Hitze von bis zu 50 Grad kaum erträglich. Der Gestank war das eine. Mindestens ebenso schlimm waren die Fliegenschwärme, die unablässig die Fäkalien am Boden des Plumpsklos umschwirrten und einfach überall waren, während man sein Geschäft verrichtete. Dazu kamen die Spinnen, Skorpione und Schlangen, denen die Latrinen als Schattenplätzchen dienten. Zu trinken hatten wir gefiltertes Nilwasser. Bohnen aus der Dose waren mein Highlight eines jeden Tages. Wir litten eigentlich ständig an Durchfall und Hitzewallung. Aber so konnten wir gemeinsam leiden, um uns dann gegenseitig wieder aufzubauen.

Nach zwei  anstrengenden Monaten im Südsudan neigte sich mein Einsatz dem Ende zu. Trotz der sechs Kilo, die ich verloren hatte, und trotz des Mangels an Schlaf und Erholung, fühlte ich mich so erfüllt wie nie zuvor.

Inzwischen bin ich wieder zurück in Deutschland und helfe in einem Flüchtlingscamp in Hamburg. Wie mein humanitäres Engagement zu Hause aussieht, erzähle ich in meinem nächsten Blogbeitrag.

In ihrem ersten Gastbeitrag beschreibt Raina, wie sie zur Weltenbummler-Krankenschwester wurde.

Fotos: privat

 

 

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Auf diesem Blog erzählen einige von ihnen aus ihrem Alltag in einer der bundesweit rund 170 Gesundheitseinrichtungen von Asklepios. Wie sie arbeiten und was sie bewegt, lesen Sie hier.

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